Wolf Schacht als Mischung aus Seewolf und Schimanski kommt an

„Steinefresser“ bildet den Auftakt einer Trilogie. Autor und Journalist Michael Behrendt lässt seine Insiderkenntnisse aus der Polizeiszene in die Krimi-Reihe mit einfließen. SEK-Veteran Wolf Schacht stößt als Hospitant bei der 5. Mordkommission bei dem Selbstmord eines Personenschützers auf Ungereimtheiten.

Wolf Schacht, der Teamführer einer Berliner SEK-Einheit, arbeitet für zwei Monate als Praktikant bei der 5. Mordkommission. Personenschützer Heiko Brettschneider soll Selbstmord begangen haben. Brettschneider war früher Steinefresser gewesen. Einer der Polizisten, die bei Demonstrationen in der vordersten Reihe stehen. Bis zu seinem Tod hat er als Personenschützer für den Staatssekretär Tiedge gearbeitet. Bei seinen Ermittlungen in einem Fall, der eigentlich keiner ist, muss Wolf Schacht auf unkonventionelle Methoden zurückgreifen. Wem kann er noch trauen? Auch für den SEK-Veteran wird die Luft immer dünner. Es bleibt nicht bei einem Opfer.

„Steinefresser“ beginnt mit einem Prolog, der eine beklemmende Atmosphäre aufbaut. Was wurde aus dem Jungen? Der Start der Geschichte mit einem Schuss innerhalb eines Autos und den Beschreibungen der Natur ist ungewöhnlich. Der Einstieg ist nicht so packend wie erwartet. „Steinefresser“ kommt langsam in Fahrt. Das Rätselhafte macht diesen Krimi zu etwas Besonderem. Wo bestehen die Zusammenhänge? Hat der Personenschützer Selbstmord begangen? Wolf Schacht ist von Anfang an skeptisch. Auf sein neues Arbeitsumfeld und die damit verbundenen Regeln muss er sich erst einmal einstellen. Sein SEK-Team wundert sich darüber, was ihr Chef bei der Mordkommission will. Bei der Mordkommission ist die SEK ebenso wenig beliebt. Reibereien sind vorprogrammiert. Schacht hat nicht nur mit Misstrauen zu kämpfen. Kriegserinnerungen, Alpträume, Gewaltphantasien, ist der SEK-Veteran ein Fall für den Psychiater? Bald ist er bei seinen Ermittlungen völlig auf sich allein gestellt. Die Puzzlesteine fügen sich nur langsam zusammen. Ein zweiter Unglücksfall in der gleichen Woche lässt Schacht aufhorchen. Auch für den Leser lässt sich langsam erahnen, dass mehr dahinter steckt. Nur was genau? Lange Zeit tappt auch der Leser im Dunkeln. Die Spannung hält an. Wolf Schacht als zerrissener, traumatisierter Charakter hat von Anfang an etwas Fesselndes. Seine weiche Seite wird mit seinen Besuchen bei SEK-Kollege Uli im Krankenhaus deutlich. Niemand ist unbesiegbar, nicht mal die SEK. Die schrecklichen Ereignisse von damals haben nicht nur Schacht geprägt. Das Menschliche, seine Schwächen und Stärken, machen die Hauptfigur sympathisch. Auch die Nebenfiguren wie der tote Brettschneider, Wolfs Freund und Kollege Quiquek, Haudegen Friedrich Lege überzeugen mit ihrer ganz eigenen Persönlichkeit. Im letzten Drittel des Buches wird in einem Wespennest herumgestochert. Geschichtliche Hintergründe, Erklärungen und Zusammenhänge bremsen das Tempo zeitweise aus. Die Spannung bleibt jedoch hintergründig erhalten. Das Ende ist überraschend und hat ganz zum Schluss noch etwas Schockierendes parat, das die Neugierde auf den zweiten Band steigert. „Steinefresser“ erweist sich als gelungener Auftakt für eine sehr unterhaltsame und packende Krimireihe, die eine große Fangemeinde finden wird.

Das Cover bringt die knallharte Seite der Polizeiarbeit auf den Punkt. Der Titel in Weiß und Rot und der gesichtlose Polizist ziehen die Aufmerksamkeit auf das Buch. Sehr gelungen! „Steinefresser“ ermöglicht einen Einblick in die Schattenseiten der Polizeiarbeit. Die harten Trainingsmethoden der Spezialeinheit SEK, ihre gefährlichen Einsätze. Ist es wirklich so einfach Beruf und Privatleben zu trennen? Wolf Schacht als Mischung aus Seewolf und Schimanski kommt an. Er ist ein facettenreicher, intelligenter Charakter, der sich perfekt für eine Krimireihe eignet. Stoff für mehr als drei Kriminalromane ist auf jeden Fall vorhanden.

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