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Wolf Schacht ist Teamführer beim SEK Berlin, ein Job, den man nicht ewig machen kann. Rechtzeitig vor Erreichen der Altersgrenze streckt er daher schon einmal seine Fühler aus und hospitiert bei der Mordkommission.

Als ein Bodyguard tot aufgefunden wird, glaubt Schacht nicht an einen Suizid. Er kannte den Toten, der früher bei der Bereitschaftspolizei war. Heiko Brettschneider war als „Steinefresser“ bekannt, als einer, der bei gewalttätigen Demonstrationen in der ersten Reihe stand und der es kaum abwarten konnte, am 1. Mai von der Leine gelassen zu werden. Einer, der Lust am Prügeln hatte. Kein Typ, der Suizid begeht.

Wolf Schacht ermittelt also, und dabei geht er nicht gerade zimperlich vor. Immer wieder gibt es Situationen, in denen er zur Selbstjustiz greift. Schacht ist sich bewusst, dass er eine Grenze überschritten hat, dass er den Leitspruch des SEK, Ehre und Stärke, zu sehr verinnerlicht hat, dass er zwar moralisch im Recht ist, nicht aber vor dem Gesetz. Genau deshalb möchte er das SEK verlassen.Aber vom Chef zum Praktikanten bei der Mordkommission, das ist nicht einfach, zumal zwischen den einzelnen Zweigen der Polizeiarbeit Vorbehalte bestehen.

Der Autor hat unter anderem für die BILD-Zeitung geschrieben, einem Blatt, das nicht gerade für seine ausgewogene Berichterstattung bekannt ist. Ich erwartete daher eine Verherrlichung der SEK-Truppen und eine Verteufelung der Autonomen.
Ich wurde positiv überrascht. Michael Behrendt hat eine durchaus differenzierte und faire Sichtweise auf die unterschiedlichen Parteien, die einander am 1. Mai in Kreuzberg oder bei der alltäglichen Gewaltkriminalität gegenüber stehen. Das SEK wird nicht verklärt, sondern als das geschildert, was es ist. Nämlich eine harte Truppe, deren täglicher Job die Gewalt ist. Und das hat Konsequenzen.

„Wer in dieser Stadt glaubte wirklich, das man Menschen zur Ausübung von Gewalt ausbilden konnte, ohne dass die jemals über die Stränge schlugen? Der Exzess war in Wahrheit kalkuliert. Und zum Berufsalltag geworden.“

Das konnte man besonders gut Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre beobachten, als das SEK ausgesprochen brutal gegen Autonome und alle, die sie dafür hielten, vorgingen.

Schacht ist ein authentischer Charakter, dessen Zerrissenheit glaubwürdig wirkt und der auch weiche Seiten hat, z.B. wenn er seinen Kollegen Uli, der seit einem schiefgelaufenen Einsatz im Koma liegt, im Krankenhaus besucht.

Der Schreibstil passt zum Buch, die Formulierungen sind oft hart.
Mit viel Berliner Lokalkolorit und einem Ausflug in die deutsch-deutsche Geschichte wird die Geschichte rasant vorangetrieben und wartet mit einem überraschenden Ende auf.

Ich habe diesen harten und durchweg spannenden Thriller in einer Nacht verschlungen. Schön, dass es der Auftakt zu einer Serie ist.

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